Osnabrück – Stadt der Grünen Finger?

 Ein Zukunftsbild:

 

„Nach dem extremen Sommerunwetter vor drei Wochen hat sich der Bach beruhigt und schlängelt sich wieder in sanften Schleifen durch das Tal bis zur Hase hinab. Unmengen an Wasser hatten den Bach über seine Ufer treten und die angrenzenden Weideflächen überfluten lassen. Dabei hat der dortige Grüne Finger nicht nur den vor Ort niederprasselnden Regen aufnehmen müssen, sondern auch das aus den höher gelegen Stadtteilen dorthin abgeleitete Wasser. Auch die anderen zu Schwammlandschaften umgebauten Grünen Fingern haben einiges an Regenwasser aufgenommen – eine größere Überschwemmung der Siedlungen blieb zum Glück aus.

Mittlerweile ist davon kaum noch etwas zu sehen, denn seit Tagen ist es wieder unerträglich heiß. Das Wasser, in dem wie ein Schwamm vollgesaugten Boden, verdunstet langsam. Die aufsteigende, feuchte Luft kühlt nun nicht nur das Tal, sondern fließt entlang grüner Achsen bis tief in die angrenzenden Stadtteile und sorgt auch dort für eine willkommene Abkühlung. Die Kühe sind zurück auf der Weide und auch die Spaziergänger suchen wieder die kühle Umgebung des nun erfrischenden Bachs.“

Mit dem Konzept Osnabrücks als Stadt der Grünen Finger den Folgen des Klimawandels zu begegnen, könnte Osnabrück zum Vorreiter einer klimaresilienten Stadtentwicklung werden. Aber dafür muss die Umsetzung der im Forschungsprojekt „Produktiv. Nachhaltig. Lebendig. Grüne Finger für eine klimaresiliente Stadt“ vorgeschlagenen Entwicklungsmaßnahmen konsequent angegangen und ihr Erfolg überprüft werden.

 

 

Ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung stellt der Ratsbeschluss vom 27.09.2022 dar (Vorlage 2022/0867-01-01). Mit dem Beschluss bekennt sich der Rat der Stadt Osnabrück zu einem umfassenden Schutz und zur Weiterentwicklung der Grünen Finger.

Ausgehend von diesem Beschluss wurden die im Rahmen des Forschungsprojekts erarbeitete Abgrenzung der Grünen Finger in das Integrierte Stadtentwicklungsprogramm (STEP) eingearbeitet. Im Frühjahr 2024 erfolgte der Beschluss des STEP durch den Osnabrücker Rat und damit auch eine politische Sicherung der Grünen-Finger Kulisse. Durch die im STEP durchgeführte Abwägung mit potenziellen Siedlungsflächen kam es zu vier Abweichungen der im Forschungsprojekt erarbeiteten Abgrenzung. Insbesondere dort, wo eine bauliche Entwicklung nicht vermieden wird, bedarf es einer verbindlichen Umsetzung von Maßnahmen, die die Funktionsfähigkeit des Freiraumsystems weiterhin gewährleisten. Diese sollten sich am Entwicklungskonzept des Forschungsprojektes orientieren.

 

Auf dem Weg zur Stadt der Grünen Finger muss das Freiraumsystem der Grünen Finger darüber hinaus aber auch aktiv weiterentwickelt werden. Dazu müssen konkrete Entwicklungsmaßnahmen umgesetzt werden, die an den Leitprinzipien und Handlungsschwerpunkten des Entwicklungskonzeptes auszurichten sind. Erste Ansatzpunkte stellen die vorgeschlagenen Pilotprojekte dar.

 

Eine „Grüne-Finger-Charta“ mit Handlungsprogramm soll künftig als Instrument für die Sicherung und Weiterentwicklung der Grünen Finger dienen. Diese gilt es durch die Verwaltung auszuarbeiten und dem Rat als Selbstverpflichtung bzw. Handlungsgrundlage für künftige Entscheidungen vorzulegen. Das Handlungsprogramm zur Charta sollte kontinuierlich fortgeschrieben und dem Rat jährlich Rechenschaft über die Zielerreichung geleistet werden.

Es wird nun darauf ankommen, dass die Forschungsergebnisse kontinuierlich und wirksam in die Umsetzungspraxis von Politik und Verwaltung Eingang finden. Ergänzend braucht es auf dem Weg zur Stadt der Grünen Finger neue Kooperationen und die Vernetzung von Initiativen aus der Zivilgesellschaft als zusätzliche treibende Kraft.

 

Daher sollten Initiativen, Verbände und die Bürgerschaft sowie Grundstückseigentümer und Flächenbewirtschafter nicht nur in die weiteren Planungs- und Umsetzungsprozesse einbezogen werden, vielmehr können sie auch selbst mit Pilotprojekten und Experimenten aktiv werden. Eine „langfristige aktive Freiraumentwicklung“, wie sie vom Rat in seinem Beschluss zur Sicherung und Entwicklung der Grünen Finger am 27.09.2022 beschlossen wurde, muss kooperativ von Politik und Verwaltung unterstützt werden.

 

 

Es muss also von vielen Seiten gemeinsam in Ko-Produktion daran gearbeitet werden, das skizzierte Zukunftsbild für Osnabrück Realität werden zu lassen!